Emotionen wie Wut, Ärger und Freude prägen das tägliche Miteinander in Unternehmen.

Doch wie wirken sich Emotionen im Führungsalltag aus? Stellt emotionalen Intelligenz den Schlüssel zu einer höheren Mitarbeitendenzufriedenheit dar?

Die Umfrage des Gallup Institutes zum Arbeitsklima in deutschen Unternehmen zeigen auf, dass Mitarbeitende, die eine hohe emotionale Bindung zum Unternehmen bestätigen, ein langfristiges Einstellungsverhältnis in Betracht ziehen und produktiver arbeiten. Das Verhältnis zur Führungskraft prägt oft diese emotionale Bindung ans Unternehmen. Doch 17 Prozent der Arbeitnehmenden flüchten sich laut der Studie mit 1300 Teilnehmenden in die sogenannte „innere Kündigung“. Dieser hohe Anteil kann nach Einschätzung der Gallup Spezialisten auch auf die Personalpolitik der Unternehmen zurückgeführt werden. Abgeleitet aus diesem Prozentsatz ergibt sich ein geschätzter volkswirtschaftlicher Schaden von 98,5 bis 118,4 Milliarden Euro pro Jahr. Eine weitere Umfrage des Nürnberger Beratungsunternehmens Information Factory unter 1000 Beschäftigten ergab vor wenigen Monaten, dass 47 Prozent der deutschen Angestellten schon einmal wegen eines Vorgesetzten gekündigt haben. Das Fazit: Nicht motivierte Mitarbeitende kosten ihr Unternehmen täglich Geld.

 

Das Verhältnis zur Führungskraft als Basis der emotionalen Bindung ans Unternehmen.

Doch seien wir mal ehrlich. Ist die Führungskraft wirklich verantwortlich für die Motivation der Mitarbeitenden? Wie sehen Sie das?
Es gibt eine Fraktion von Meinungsträgern, die dieses kategorisch verneinen. Dort heißt es oft: „niemand kann motiviert werden. Entweder sind die Mitarbeiter voller Elan und Energie oder sie können gehen“. Auf der anderen Seite werden Stimmen laut, die Füh-rungskräften die absolute Verantwortung für die (De-)Motivation der Mitarbeitenden zuschreiben. Diese beziehen sich auf zig Beispiele, in denen ein gefühlskalter Psychopath der obersten Etage zur Ursache unerträglicher Arbeitsverhältnisse im Unternehmen erklärt wird. Ich glaube nicht daran, dass angeblich sechs Prozent Psychopathen, die keinerlei Empathie empfinden und in den Führungsetagen erfolgreich Unternehmensgewinne maximieren, für die allgemein bekannte „innere Kündigung“ in allen Unternehmen die Verantwortung tragen. Das riecht mir doch zu stark nach einer Ausrede. Ich erlebe täglich, dass Menschen unzufrieden sind, sich gemobbt fühlen, mit Magenschmerzen zu Arbeit gehen und ihre Vorgesetzten nach Möglichkeit meiden. Und ich erlebe Führungskräfte, die mir im Vertrauen erzählen, dass sie die Mitarbeiterführung an keiner Universität gelernt haben. Männer und Frauen führen ihre Teams nach besten Wissen und Gewissen – meist so wie sie selbst geführt werden wollen oder wie sie bis jetzt geführt wurden. Oft auch so wie ihre Ängste es zulassen. Die besten Fachkräfte werden immer noch zum Führungspersonal befördert. Auf Grund der tollen Leistungen, nicht auf Grund der Menschenkenntnisse. Von nun an müssen neben den täglichen Aufgaben noch die Personalbelange bewältigt werden. Viele Abteilungs-, Team- und Projektleiter fühlen sich mit der Doppelbelastung unwohl. Merken selbst, dass ihre Leistungen nachlassen. Sie spüren einen erheblichen Zeitmangel für ihre Projekte, Kunden, Geschäfte. Ihre Ängste sitzen ihnen im Nacken. Angst ist einer der Basisemotionen, wie Freude, Ärger, Überraschung, Ekel, Verachtung und Trauer, die uns Menschen kulturübergreifend gemein sind. Schon der Ursprung des Namens – aus dem lateinischen angustus bzw. angustia, steht  für „Enge, Beengung, Bedrängnis“ und lässt uns ahnen, wie sich diese Emotion auf die Betroffenen auswirkt.

Emotionen wirken sich auf die Produktivität aus

Seit dem das Phänomen der Spiegelneuronen bekannt ist, wissen wir, dass Emotionen unterschwellig ansteckend sind. Unsere Fähigkeit zu Empathie lässt uns die Emotionen unserer Mitmenschen nachfühlen. Mit der Konsequenz, dass ängstliche Führungskräfte auch wenn sie mit Dominanz ihre Unsicherheit kaschieren, Ängste bei ihren Mitarbeitern initiieren.  Evolutionsgeschichtlich hat die Angst eine wichtige Funktion, die uns auf vermeintliche Gefahrensituationen vorbereitet. Oft lässt die uns in einen nervösen Erregungszustand unsere Leistungen sehr gut abrufen. Viele von uns arbeiten gerne unter Druck – oft verbunden mit der Angst, etwas nicht zu schaffen. Dauerhaft unter der Angst zu leiden, wirkt sich jedoch auf den Gemütszustand und die Gesundheit aus. Von Vorgesetzten und Mitarbeitern. Führungskräfte sind auch nur Menschen. Sie hegen Erwartungen an sich selbst und an ihre Mitarbeiter. Sie bewerten das Verhalten anderer auf Grund eigener Erfahrungen und Werte. Manchmal haben sie nicht gelernt, wie Probleme und Konflikte effektiv gelöst werden. Oft bleibt keine Zeit zur Selbstreflexion. Professor Steven Reiss  der Gründer der Idee der „Werteorientierten Führung“ spricht hier von dem Begriff „Selbstbezogenheit“ Menschen glauben, dass Ihre Werte die einzig richtigen sind und betreiben oft in ihrem Unfeld eine sogenannte Werte-Tyrannei. Teilen die andere die eigenen Werte nicht, werden sie verurteilt, bekehrt und im schlimmsten Falls sogar bekämpft.

Wir sind alle anders und das ist gut so

Empathische Führungskräfte lassen die Werte der anderen gelten und versuchen sie nach ihren Werten zu führen. Geschieht dieses, ist eine innere Motivation geweckt und der Mitarbeiter agiert meist hoch motiviert im Sinne des Unternehmens. Gelingt es dem Vorgesetzten nicht die Bedürfnisse des Einzelnen zu erfassen, kommt es oft in Gesprächen mit „Nichtgleichgesinnten“ vor, dass unwillkürlich Verachtung gezeigt wird. Eine andere Basisemotion, die sich offensichtlich in der Mimik zeigt. Wer Verachtung empfindet hebt sichtbar einen Mundwinkel hoch. Diese Mimik kann in einer Geschwindigkeit von 40 bis 500 Millisekunden auftreten. Machen Sie an dieser Stelle einfach einen Selbsttest. Denken Sie jetzt an jemanden, dessen Ideen und Einstellungen Sie nicht teilen. Schaue Sie dabei in den Spiegel. In Gesprächen nimmt Ihr Gegenüber diese Mimik, die Sie selbst gerade beobachten unterbewusst wahr und fühlt sich von Ihnen abgelehnt, nicht ernst genommen, gar ignoriert.

Mit solchen Verhalten katapultieren wir uns und andere in eine ablehnende Haltung. Aus psychologischer Sicht wissen wir, dass Menschen, die sich ignoriert fühlen, dieses Gefühl ähnlich physischer Gewalt empfinden und sogar Schmerzen erleben. Oft kann das schon der Auslöser für die „innere Kündigung“ sein. Menschen brauchen Beachtung, um sich als Teil einer Gemeinschaft zu begreifen. In unserem Fall ist die Gemeinschaft das Unternehmen, die Abteilung. Seien Sie sich bewusst darüber, wie vernichtend und beziehungsschädigend Verachtung wirkt. Vergessen Sie nie, dass Ihre Mimik Ihre Emotionen verrät und Ihre Mitmenschen automatisch auf Ihre Emotionen reagieren. Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion und sorgen erheblich für die Mitarbeiterbindung.

„Es dauert keine 14 Tage“, sagte Sam Walton, Gründer von Wal-Mart, „dann behandeln die Mitarbeiter ihre Kunden genauso, wie sie selbst von ihrem Chef behandelt wurden.“

Emotionale Mitarbeiterführung

Falls Sie sich fragen, wie Sie schnell eine bessere Beziehung zu Menschen herstellen können, derer Werte sie nicht teilen aber mit denen sie täglich zusammenarbeiten, hier ein Tipp aus der Praxis. Vor langer Zeit habe ich eine Geschichte eines Gefängnisdirektors gelesen, der durch die Macht der Gedanken ein besseres Klima in seiner Anstalt hergestellt hat. Wahrscheinlich hätte es in jeder anderen Arbeitsstätte auch funktioniert…

Dieser besagte Direktor hat sich regelmäßig Akten der gewaltbereiten Insassen angeschaut und nicht die Verbrechen, sondern den Menschen vor sein inneres Auge geführt. Er hat sich in die Person eingefühlt und versucht das Gute, das in jedem zu finden ist, zu sehen. Und nach einer kurzen Zeit änderte sich seine innere Einstellung diesen Menschen gegenüber und damit scheinbar auch sein Verhalten ihnen gegenüber. Denn nach einem halben Jahr war die Gewaltbereitschaft der Insassen messbar gesunken. Nur eine Geschichte. Diese Technik haben viele Teilnehmer meiner Führungskräfte-Seminare ausprobiert. Die Führungskräfte, die an einer Verbesserung des Arbeitsklimas interessiert sind, wenden diese Übung an und versuchen gute Eigenschaften und Aspekte an den Mitarbeitern zu finden, mit denen es vermeintlich Schwierigkeiten gibt. Probieren Sie es aus.

Die Fähigkeit sich in eine andere Person zu versetzten nennt sich Empathie und ist nach Daniel Goleman ein Aspekt der emotionalen Intelligenz. Eine solche Sicht auf die Mitmenschen vermeidet Konflikte und Magenschmerzen. Zwar ist es längst bekannt, dass Menschen mit einer hohen emotionalen Intelligenz langfristig erfolgreicher sind als Menschen mit einem hohen IQ – doch emotionaler und empathischer Führungsstil will geübt werden. Emotionale Intelligent fordert Auseinandersetzung  mit sich selbst, seinen eigenen Emotionen und denen der Mitmenschen. Die Mühe wird jedoch garantiert belohnt und zeigt eine starke Sogwirkung und zufriedene Mitarbeiter.

Vielleicht sollten wir uns regelmäßig die Passagen eines Gedichtes der 21-jährigen Bremer Poetry Slammerin Julia Engelmann „Stille Wasser“ anschauen, um nicht zu vergessen dass:
„…Was soll das überhaupt heißen?
Jemand ist sonderbar und eigenartig“, das sind doch bloß Synonyme für besonders und für einzigartig.
Jemand sagt dir, du bist anders, dann denk dir für dich,
anders ist nicht falsch, bloß ’ne Variante von richtig.“

Ihre Isabella Herzig